Donnerstag, 30. Mai 2024

Angriffe auf Russlands «Augen» – die Ukrainer nehmen ein militärisches Radar nach dem anderen ins Visier

 

Angriffe auf Russlands «Augen» – die Ukrainer nehmen ein militärisches Radar nach dem anderen ins Visier

Mit den lange ersehnten Atacms-Raketen aus den USA fügen die Ukrainer dem Gegner herbe Verluste zu. Damit ist ein Kampf um die Hoheit im Luftraum verbunden.

Andreas Rüesch 5 min
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Atacms-Raketen starten von mobilen Rampen aus und können je nach Version bis zu 300 Kilometer weit fliegen. Damit sind alle russisch besetzten Gebiete erreichbar.

Atacms-Raketen starten von mobilen Rampen aus und können je nach Version bis zu 300 Kilometer weit fliegen. Damit sind alle russisch besetzten Gebiete erreichbar.

U.S. Army via Imago

Das ukrainische Militär hat in den letzten Tagen nicht nur die Fronten im Donbass und nördlich von Charkiw stabilisieren können, sondern auch seine Schläge im russisch kontrollierten Hinterland verstärkt. Auffällig ist dabei, dass sich die jüngste Serie vor allem gegen die «Augen» der russischen Militärmacht richtet: die Radaranlagen des Gegners und die damit verbundenen Einrichtungen der Flugabwehr. Mindestens ein Dutzend bedeutsame Angriffe auf solche Anlagen haben sich seit dem 20. April ereignet, die Hälfte davon innerhalb der letzten sieben Tage.

Nicht alle diese Angriffe waren erfolgreich, aber insgesamt hat Russland schwere Verluste erlitten. Hinzu kommt die für Moskau bittere Erkenntnis, dass die eigene Flugabwehr zusehends durchlöchert wird. Dies wiederum erleichtert nachfolgende Angriffe. Für die Ukraine geht es wohl nicht zuletzt darum, vor dem baldigen Eintreffen der ersten F-16-Kampfflugzeuge möglichst viele russische Abwehrsysteme auszuschalten und so den Luftraum für die westlichen Jets sicherer zu machen.

Besonders spektakulär war die Zerstörung eines russischen Abwehrsystems des modernen Typs S-400 vergangene Woche in der Provinz Donezk. Eine Überwachungsdrohne konnte ungestört filmen, wie eine Startrampe nach der anderen und das zugehörige Radar in Flammen aufgingen. Die russische Einheit feuerte zwar noch mehrere Abfangraketen ab, um den Angriff abzuwehren, aber ohne Erfolg.

Zerstörung einer S-400-Batterie, gezeigt in einem ukrainischen Militärvideo (Ausschnitte).

Die Ukrainer setzten ballistische Kurzstreckenraketen des Typs Atacms ein. Diese gibt es in mehreren Versionen; in diesem Fall wurde ein Gefechtskopf mit Streumunition verwendet. Das Drohnenvideo zeigte, wie sich darin enthaltene Minibomben kreisförmig über eine grosse Fläche verteilten, explodierten und das Inferno entfachten.

Angriff auf mobile Radaranlagen

Dasselbe Vorgehen wählten die Ukrainer in der Nacht auf Dienstag bei einer weiteren Attacke am Rande der besetzten Provinzhauptstadt Luhansk. Jedenfalls zeigen neue Satellitenbilder bei einem Militärflughafen die Spuren eines Grossbrandes mit einem halben Kilometer Durchmesser. Offensichtlich galt der Angriff zwei mobilen Radaranlagen, die auf früheren Satellitenbildern dort noch sichtbar gewesen waren. Ob sie zerstört wurden, ist vorerst unbekannt. Es wäre ein herber Verlust für die Russen, da der Radarkomplex des Typs Nebo-M nicht nur sehr teuer, sondern auch schwer ersetzbar ist. Nebo-M dient dazu, Raketen- und Flugbewegungen auf 600 Kilometer Entfernung zu erkennen. Dies deckt die halbe Ukraine ab.

Eine Nebo-M-Radaranlage dieser Art war das Ziel eines ukrainischen Angriffs bei Luhansk.

Eine Nebo-M-Radaranlage dieser Art war das Ziel eines ukrainischen Angriffs bei Luhansk.

Boevaya mashina, CC BY-SA 4.0

Um die amerikanischen Atacms-Raketen hatte es ein monatelanges Seilziehen gegeben. Erstmals lieferte die Regierung Biden etwa zwanzig Stück davon im vergangenen Herbst, doch bald waren sie verbraucht. Erst in diesem Frühling kamen weitere Lieferungen, dafür viel grössere. Erstmals waren darunter auch Raketen mit doppelt so hoher Reichweite (300 Kilometer). Die Ukrainer setzten sie in den vergangenen Wochen ein, um zwei Militärflughäfen auf der Krim zu bombardieren. In beiden Fällen gelang es damit, Teile von S-400-Flugabwehrsystemen zu zerstören.

Angriffe auf russische Radar- und Flugabwehranlagen im Mai 2024

Russisch besetzt

Unter Beschuss kam Mitte Mai auch die Radaranlage von Ai-Petri auf der Krim, ein auf einem Berg gelegener Horchposten, der noch auf die Sowjetzeit zurückgeht und ebenfalls der Langstreckenaufklärung dient. Der Kommandant der streng geheimen Anlage erlitt tödliche Verletzungen. In diesem Fall kamen wahrscheinlich Marschflugkörper des britisch-französischen Typs Storm Shadow zum Einsatz.

Ausserdem gelang es den Ukrainern vergangene Woche laut unbestätigten, aber von manchen Experten als plausibel eingestuften Berichten, mit einer Atacms-Rakete im Hafen von Sewastopol das Kriegsschiff «Ziklon» zu versenken. Von ihm fehlt seither jede Spur. Die Korvette der sogenannten «Karakurt»-Klasse war eine der wenigen Plattformen, über die Russland seegestützte Marschflugkörper auf die Ukraine abfeuern konnte. An der Gefährdung dieses Schiffes konnten die Russen keinen Zweifel haben. Nach einem früheren Angriff, bei dem ein Schiff desselben Typs havariert wurde, zog Moskau die beiden verbliebenen Schwesterschiffe der «Ziklon» aus dem Schwarzmeer ab und brachte sie über Binnenkanäle ins Kaspische Meer in Sicherheit.

Alle hier erwähnten Angriffe erfolgten mit westlichen Waffen. Ihr erfolgreicher Einsatz zeigt, wie wichtig sie sind und wie sehr sie den Ukrainern schon früher hätten nützen können, wäre ihre Lieferung nicht verzögert worden. Für amerikanische Atacms, für britisch-französische Storm Shadows, für deutsche Präzisionsartilleriemunition und vieles mehr gilt aber weiterhin die Regel, dass sie nur für Angriffe innerhalb der völkerrechtlich anerkannten Grenzen der Ukraine genutzt werden dürfen. Ziele auf russischem Boden sind tabu.

Macron treibt die Nato-Debatte voran

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat sich zwar am Dienstagabend bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz als erstes Staatsoberhaupt eines grossen Nato-Landes für eine Lockerung dieser Einschränkung ausgesprochen. Macron forderte eine Ausnahme für «militärische Standorte, von denen aus die Ukraine angegriffen» wird. Das würde beispielsweise Schläge gegen russische Erdölraffinerien ausschliessen, wohl auch solche gegen die militärische Logistik.

Die westlichen Regierungen tasten sich damit an eine neue Regelung an. Unter dem Eindruck der grenzüberschreitenden russischen Angriffe auf die Provinz Charkiw hatten sich in den vergangenen Tagen bereits Regierungsvertreter mehrerer anderer Länder – darunter Grossbritannien, Schweden, Polen und die Balten – für eine Lockerung des Verbotes eingesetzt. Dieselbe Forderung erhob jüngst auch der Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Doch beschlossen ist noch nichts, da es an einem Konsens innerhalb der westlichen Allianz fehlt.

Zu den Skeptikern zählt Scholz – er wiederholte im Beisein Macrons nur die Leerformel, dass der Waffeneinsatz im Einklang mit dem Völkerrecht erfolgen müsse und diese Regelung gut funktioniere. Dass das Völkerrecht der Ukraine erlaubt, Russland auch auf dessen Boden zu treffen, war nie umstritten – Kern der Kontroverse ist die politische Frage, ob solche Angriffe eine Eskalation auslösen könnten. Anders als früher verzichtete Scholz diesmal allerdings darauf, diese Sorge öffentlich anzusprechen.

Der wichtigste Zögerer ist ohnehin der amerikanische Präsident Joe Biden. Würde er mehr Flexibilität zeigen und den Einsatz der Atacms gegen gewisse Ziele in Russland erlauben, würde dies eine Wende in der ganzen Nato bewirken. In der inneramerikanischen Debatte scheint Aussenminister Antony Blinken ins Lager der Befürworter gewechselt zu haben. Wie die «Washington Post» schreibt, erwägt unter dem Einfluss der jüngsten Ereignisse nun auch Biden eine Lockerung des Einsatzverbotes.

Kamikazedrohnen sind für die Ukraine die Waffe der Not

Vorerst sind den Ukrainern jedoch die Hände gebunden – wenn sie den Aufmarsch russischer Truppen jenseits der Grenze bemerken, bleibt ihnen nur der Einsatz eigener Kamikazedrohnen, eines viel schwächeren Mittels. Mit diesen Drohnen nehmen sie aber ebenfalls Radaranlagen ins Visier: In den letzten Tagen hat die Ukraine wiederholt russische Frühwarnanlagen des Typs Woronesch-DM angegriffen und eine davon, in Südrussland, beschädigt. Eine weitere Attacke galt einem Standort im Südural. Die betreffende Drohne stellte einen neuen Distanzrekord auf – sie legte mindestens 1500 Kilometer zurück.

Russland besitzt nur neun Woronesch-Radaranlagen, verstreut über das ganze Land. Sie dienen der Früherkennung von feindlichen Mittelstrecken- und Interkontinentalraketen. Das spielt im Ukraine-Krieg keine Rolle; einen unmittelbaren Nutzen hat Kiew deshalb nicht, wenn diese Anlagen ausfallen. Aber offensichtlich geht es darum, dem Kreml zu demonstrieren, dass die ukrainischen Drohnen Russland auch auf strategischer Ebene schaden können.

Die ungefähr am 23. Mai durch eine Drohne beschädigte Frühwarnanlage Woronesch-DM in Armawir (Provinz Krasnodar).

Die ungefähr am 23. Mai durch eine Drohne beschädigte Frühwarnanlage Woronesch-DM in Armawir (Provinz Krasnoda

Mittwoch, 29. Mai 2024

PBA

 

Bondholders in Richest Argentine Region Question Milei’s Resolve

  • Investors debate whether government will let province default
  • Buenos Aires’ 2037 bonds trade at 43.2 cents on the dollar
Javier Milei, Argentina’s president, at the Europa Viva 24 event, organized by the Vox party, ahead of the European elections in Madrid, Spain, on Sunday, May 19, 2024.Photographer: Paul Hanna/Bloomberg

Bondholders in the Province of Buenos Aires are speculating that even Argentina’s chainsaw wielding President Javier Milei isn’t ruthless enough to let the nation’s richest region go bankrupt.

The spread on bonds due 2037 to similarly-dated US Treasuries fell below 2,000 basis points this month for the first time in two years, down roughly 30% from October of last year. The drop mirrors a similar move for Argentine sovereign bonds, whose spread over US Treasuries has fallen about 1,300 basis points over the same period, according to JPMorgan data.

It’s a gamble by investors, who have shunned the bonds of some Argentina provinces after Milei slashed money transfers local administrations get on top of tax revenue from the central government.

In the case of Buenos Aires, those funds represented 12% of the province’s total revenue in 2023, according to TPCG Valores, a larger share than other provinces. And yet the bonds rallied, as many say the region that accounts for almost 40% of the nation’s population is too big to fail.

“If the largest provinces default, it creates a lot of instability making his reform agenda harder,” said Jared Lou, an emerging markets money manager with William Blair in New York.

The 2037 notes rose to as high as 45.6 cents on the dollar on May 20 from a low of 36.7 cents on Jan. 9, before falling back to 43.2 cents on Monday amid renewed concern over the outlook for Milei’s economic reforms. Those worries pushed the president on Monday to fire his cabinet chief, Nicolas Posse, as the administration tries to push its so-called omnibus bill through the Senate.

In Trouble

Buenos Aires saw its revenue fall by 1 trillion pesos ($1.1 billion, at the official exchange rate) in the first four months of 2024 from the year-earlier period. The drop is thanks in part to cuts in central government transfers and a deep recession that’s damped tax income, according to the state’s economy ministry.

The slump is expected to dramatically expand a deficit that reached 627 billion pesos in the fourth quarter of 2023, and comes as the province prepares to make a $349 million debt payment on hard currency bonds in September. It has another another $761 million due through 2025, according to data compiled by Bloomberg.

Discretionary transfers to provinces are likely to be part of negotiations between the administration and local governors in order to get Milei’s omnibus bill — which plans to raise taxes and cut spending — to pass congress. The idea is that with less money flowing in from the central government, Milei can sway provinces to implement their own austerity.

“I don’t think there will be a deal in which there’s no reduction at all in transfers to provinces,” said Carlos de Sousa, emerging market debt portfolio manager with Vontobel Asset Management in Zurich. “There’s a clear idea that the burden of the adjustment must be shared between the federal and provincial government.”

National Bet

Traders have snapped up Buenos Aires’ debt this year amid a broader rally in Argentina’s sovereign bonds. Since Milei won the presidency in November, those dollar notes have posted some of the best returns in emerging markets, handing investors roughly 67% gains, data compiled by Bloomberg show.

That rally on the coattails of the sovereign debt has even led some analysts to say the gains in Buenos Aires debt have gone too far.

“Investors are not differentiating these credits the way they should,” said Ramiro Blazquez, strategist with BancTrust & Co. Some are anticipating a more market-friendly government in the province, but elections are still three years away. “That means more damage can be done.”

The province is run by Axel Kicillof, one of the leaders of Argentina’s Peronist opposition who has protested Milei’s austerity blitz. Should a political showdown between the two escalate, it may dent the gains.

Axel Kicillof, Buenos Aires Governor, during an election night rally on Oct. 22, 2023.Photographer: Maria Amasanti/Bloomberg

Still, investors expect the province to make good on its next bond payment due in September. A spokesperson from Buenos Aires’ economy ministry said officials plan to use a combination of funds to meet financing needs over the next couple of months including local debt sales and credit agreements with multi- and bilateral lenders.

And with the rally in emerging markets losing steam, some see Buenos Aires notes as a cheaper alternative that could provide upside should Milei continue to make strides in turning Argentina’s economy around. Its bonds yield some 17.9%, according to pricing data compiled by Bloomberg.

“Given the absurdly high yields that PBA bonds offer, if the country’s economic numbers continue to look good and the risk appetite in EM continues to increase, I expect these bonds will go on a tear soon,” said Hans Humes, chief executive of Greylock Capital Management.

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    eigentlich doch respektvoll