POLITIK
Nach Einigung zur OstseepipelineCDU-Politiker warnen vor Nord Stream 2
Im Streit um Nord Stream 2 erzielen Deutschland und die USA zwar eine Übereinkunft. Doch das Projekt bleibe "eine politische Waffe" Russlands, sagt CDU-Außenpolitiker Röttgen. Sein Parteifreund Hardt warnt vor Abhängigkeit - und der russische Botschafter in Washington kritisiert einen "feindlichen" Ton.
Nach der Einigung mit den USA über die Ostseepipeline Nord Stream 2 hat der Unions-Außenpolitiksprecher Jürgen Hardt vor einer zu großen Abhängigkeit von Russland gewarnt. Es sei ein Erfolg, diesen Stolperstein im transatlantischen Verhältnis aus dem Weg geräumt zu haben, sagte er im RBB. "Ich kann jetzt nur an die Bundesregierung und auch an die zukünftige Bundesregierung appellieren, sich auch wirklich an die Zusagen zu halten, die wir jetzt abgegeben haben, nämlich, dass wir uns für Gasgarantien für die Ukraine einsetzen, und dass wir im Zweifel auch bereit sind, die Energiepolitik politisch mit zu bewerten, wenn Russland Gas als Waffe gebraucht."
Auch die EU müsse sich positionieren, sagte Hardt laut dem Sender. "Die Europäische Union muss schon die Frage beantworten, wie viel russisches Gas wir in unseren Netzen akzeptieren können - im Sinne von Unabhängigkeit unserer Energieversorgung." Deswegen bedeute Nord Stream 2 nicht, dass alle Bemühungen eingestellt werden sollten, alternativ andere Gaszuleitungen nach Europa zu prüfen, also zum Beispiel Flüssiggasterminals zu bauen. Damit hätte man auch einen Hebel in der Hand, um den russischen Präsidenten Wladimir Putin gegebenenfalls zu völkerrechtskonformem Verhalten zu bewegen. "Wenn wir abhängig werden von ihm, dann bricht uns dieser Hebel ab", warnte Hardt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete die Einigung derweil als guten Schritt. Sie überwinde aber nicht alle Differenzen, sagte sie auf ihrer Sommer-Pressekonferenz in Berlin. Es sei der Versuch, zwischen den USA und Deutschland bestimmte Konditionen festzulegen, die auch umgesetzt werden müssten. Es sei ganz wichtig, dass die Ukraine ein Gas-Transitland bleibe, und dass Energie nicht dazu benutzt werden könne, dass die Ukraine in eine schwierige Situation komme. Der Text sei aber abgeschlossen mit der US-Regierung, der Kongress sei eine andere Institution. Im Kongress gibt es viele kritische Stimmen zu der Pipeline, die unter der Umgehung der Ukraine Erdgas von Russland nach Deutschland bringen soll.
Die USA hatten Nord Stream 2 immer wieder kritisiert und versucht, das Projekt mit Sanktionsdrohungen zu stoppen. Auch die Ukraine und zahlreiche vor allem osteuropäische EU-Staaten lehnen die Pipeline vehement ab. Um den außenpolitischen Bedenken Rechnung zu tragen, sieht die am Mittwoch verkündete Einigung zwischen Deutschland und den USA vor, den Gastransit durch die Ukraine um bis zu zehn Jahre zu verlängern. Auch wird Russland mit Sanktionen gedroht, sollte das Land versuchen, Energie als Waffe zu benutzen.
"In der Sache bleibt der Schaden"
Währenddessen hält der CDU-Politiker Norbert Röttgen auch nach der Einigung an seiner Kritik an Nord Stream 2 fest. Diese sei "nach wie vor falsch", sagte er im Deutschlandfunk. Die Pipeline sei "eine politische Waffe" in der Hand des russischen Präsidenten Wladimir Putin und eine Bedrohung für die Eigenständigkeit der Ukraine. Röttgen begrüßte allerdings die mit der Einigung verbundene Entspannung im Verhältnis zu den USA in diesem Punkt. Andernfalls hätte hier "ein Dauerstreit" gedroht, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags der "Welt". Die US-Regierung sei hier "einen großen Schritt auf Deutschland zugegangen".
"In der Sache bleibt der Schaden, der durch Nord Stream 2 verursacht wird, aber bestehen", kritisierte Röttgen. Durch die Pipeline sei Russland nicht mehr auf die Ukraine als Gas-Transitland angewiesen. "Putin hat nun keinen Grund mehr, auf die Ukraine und deren politische Stabilität Rücksicht zu nehmen", warnte der CDU-Politiker. "Umso mehr sind Deutschland und die USA nun zur noch intensiveren Unterstützung der Ukraine verpflichtet."
In der Ukraine reißt die Kritik an der Einigung nicht ab. Deutschland könne gar nicht garantieren, dass Russland nach der Inbetriebnahme der Gasleitung die Ukraine weiter als Transitland nutze, sagte der Chef des staatlichen Gaskonzerns Naftogaz, Juri Witrenko. "Wenn es keinen physischen Gastransit über die Ukraine gibt, dann steigt das Risiko einer großflächigen militärischen Aggression vonseiten Russlands", warnte Witrenko in einem Interview mit dem Internetportal von Voice of America. Nord Stream 2 sei für die Ukraine und die gesamte Region ein Sicherheitsrisiko. Der Manager kritisierte, dass Absprachen westlicher Länder hinter dem Rücken der Ukraine getroffen würden. "Nord Stream 2 ist ebenfalls eine geopolitische Waffe des Kremls, daher ist es nicht ganz klar, wie andere Länder - besonders die Führer der westlichen Welt - sich auf ein Kreml-Projekt einigen können."
Russland hatte die Übereinkunft zwischen Deutschland und den USA zwar inhaltlich gelobt. Der russische Botschafter in der US-Hauptstadt Washington, Anatoli Antonow, kritisierte jedoch einen "feindlichen" Ton in dem Dokument. "Wir haben nie unsere Energieressourcen als Werkzeug politischen Drucks eingesetzt", teilte Antonow mit. Zugleich wies er die Androhung neuer einseitiger Sanktionen gegen Russland als "unzulässig" zurück.
Quelle: ntv.de, mbe/DJ/AFP/dpa
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen