Mittwoch, 3. November 2021

WIRTSCHAFT MITTWOCH, 03. NOVEMBER 2021 Die Wende kommt Darum wird die US-Notenbank weniger locker

 WIRTSCHAFT

Die Wende kommtDarum wird die US-Notenbank weniger locker

2021-09-28T164323Z_1646051124_RC22ZP96CW4D_RTRMADP_3_HEALTH-CORONAVIRUS-POWELL-YELLEN.JPG

Fed-Chef Powell hält eine Zinserhöhung in diesem Jahr für verfrüht.

(Foto: REUTERS)

Jeden Monat pumpt die US-Zentralbank 120 Milliarden Dollar in den Finanzmarkt. Doch jetzt steht das Zurückfahren des Krisenprogramms unmittelbar bevor. Fed-Chef Powell wird am Abend die Wende einleiten.

Es ist so weit. Nach ihren enormen Hilfsprogrammen in der Corona-Krise will die US-Notenbank Fed damit beginnen, ihre ultralockere Geldpolitik zu straffen. Angesichts relativ hoher Inflation und soliden Wirtschaftswachstums ist der Zeitpunkt aller Voraussicht nach gekommen: Es wäre eine Überraschung, wenn Fed-Chef Jerome Powell nach der heutigen Zinssitzung nicht ankündigen würde, den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik zu starten.

Der erste Schritt dürfte die Drosselung der Anleihekäufe sein. Dabei ist nicht die Frage, ob sie zurückgefahren werden, sondern in welchem Tempo. Derzeit kauft die Fed jeden Monat Anleihen im Volumen von 120 Milliarden Dollar. Das Programm soll die Liquidität der Finanzmärkte verbessern und die Bereitstellung von Krediten für Haushalte und Firmen erleichtern. Powell hat sich einen breiten Konsens unter den Notenbankern für einen Plan gesichert, der vorsieht, das aus der Pandemie stammende Stimulierungsprogramm bis Juni nächsten Jahres auslaufen zu lassen und die Käufe um 15 Milliarden Dollar pro Monat zu reduzieren.

Diese im Fachjargon als Tapering bekannte Operation zum Herunterfahren der Anleihenkäufe markiert eine geldpolitische Trendwende, die an den Finanzmärkten bereits Spekulationen auf eine Zinserhöhung im nächsten Jahr auslöste. Für den heutigen Entscheid steht fest: Der Leitzins, der in der extrem niedrigen Spanne zwischen 0,0 bis 0,25 Prozent liegt, wird noch nicht angetastet.

"Die Fed wird sich bemühen, diese Debatte nicht noch weiter anzuheizen", sagt Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Powell hatte jüngst die Marschrichtung vorgegeben: Es sei zwar an der Zeit, die Anleihenkäufe zu verringern, aber nicht die Zinsen zu erhöhen. Dies wäre verfrüht. Allerdings erhöht die rapide gestiegene Inflation den Druck auf die Fed. Im September kletterte die Teuerungsrate auf 5,4 Prozent und damit weit über das Ziel der Fed von zwei Prozent hinaus.

Erholung am Arbeitsmarkt

Die anhaltenden Lieferprobleme im Welthandel deuten mittlerweile immer stärker darauf hin, dass die deutlich erhöhte Teuerung kein - wie von der Fed zunächst angenommen - relativ rasch vorübergehendes Phänomen ist. Das räumte Powell Ende Oktober selbst ein. Die globalen Engpässe in der Versorgungskette, die zu einer erhöhten Inflation geführt hätten, "werden voraussichtlich länger dauern als bisher erwartet, möglicherweise bis weit ins nächste Jahr hinein", sagte der Notenbankchef.

Die Gestaltung des Tapering spiegelt bereits einen neuen Zeitplan wider, der auf die größere Unruhe über die Inflationsentwicklung zurückzuführen ist. Zu Beginn dieses Jahres hatte die Fed den Anlegern den Eindruck vermittelt, dass sie die Anleihekäufe um den nächsten Januar herum reduzieren würde und dass bis zum Ende dieses Prozesses fast ein Jahr vergehen könnte.

Doch nun soll es schneller gehen. Die Notenbank hatte substanzielle Fortschritte auf dem Jobmarkt zur Voraussetzung für eine Verringerung ihrer Krisenhilfe gemacht. Die Erholung am US-Arbeitsmarkt war im September zwar etwas ins Stocken geraten, da das Stellenplus mit 194.000 relativ niedrig ausfiel. Doch bereits im Oktober könnten unter dem Strich 425.000 neue Jobs hinzugekommen sein - das ist zumindest die Konsenserwartung von Ökonomen für den Arbeitsmarktbericht, der am Freitag vorgelegt wird.

Die Arbeitslosenquote war im September auf 4,8 Prozent gefallen- allerdings verbesserte sie sich nicht so rasch wie von der Regierung erhofft. Arbeitgeber klagen unterdessen in vielen Branchen bereits über einen Mangel an Bewerbern. Vor der Pandemie hatte die Arbeitslosenquote bei 3,5 Prozent gelegen - dem niedrigsten Wert seit Jahrzehnten. Die US-Wirtschaft hat sich also gut von der Krise erholt. Daran ändert auch nichts, dass das Wachstum in den Sommermonaten wegen Lieferengpässen in der Industrie und steigender Corona-Fallzahlen deutlich an Schwung verloren hat.

Zinserhöhung in Aussicht

"Die niedrigere Gangart der US-Wirtschaft sollte die US-Notenbank jedoch nicht davon abhalten, ihr Anleihekaufprogramm auslaufen zu lassen", sagt LBBW-Ökonom Dirk Chlench. Die gesunkenen Corona-Fallzahlen sollten dazu beitragen, dass das Wachstum im vierten Quartal wieder etwas höher ausfallen werde.

Die geldpolitische Trendwende stehe bevor, meint auch Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der Liechtensteiner VP Bank. Für die ultra-expansive Linie als Antwort auf die Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen bestehe schlicht keine Notwendigkeit mehr. Gitzel verweist darauf, dass die Fed im Zuge der Corona-Krisenpolitik ihre Anleihebestände glatt verdoppelt habe: Ihr Wertpapierbesitz liege nun bei rund acht Billionen Dollar.

An den US-Anleihemärkten spiegeln sich derweil die Erwartungen an Zinserhöhungen durch die Fed im nächsten Jahr wider. In der vergangenen Woche stieg die Wahrscheinlichkeit von mindestens zwei Zinserhöhungen bis Ende 2022 auf 75 Prozent. Zum Abschluss der Fed-Sitzung im vergangenen Monat lag die Wahrscheinlichkeit noch bei etwa 20 Prozent.

Erst am Freitag hatte Powell diese Erwartungen, die eine erste Zinserhöhung der Fed im kommenden September implizieren, nicht bestätigt. Er widersprach ihnen aber auch nicht.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/D

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Zahltag

  Markets Argentina Official Says Country Made Payments on Sovereign Debt Nation had almost $4 billion due on a slate of notes Thursday Auth...