Freitag, 25. Februar 2022

"Drei Viertel der russischen Flugzeugflotte kommt aus dem Westen", sagt Mahlkow. Dafür gebe es jetzt keine Teile mehr. Die "Maschinen müssen regelmäßig gewartet werden. Ohne Ersatzteile bleiben die auf dem Boden". Nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Bevölkerung werde dadurch in Mitleidenschaft gezogen. "Russland ist ein großes Land, die Menschen fliegen", gibt Mahlkow zu bedenken. "Man darf nie vergessen, Sanktionen sind ein schmerzhaftes Instrument, das auch weh tut."

 Neue Sanktionen gegen Russland

Ökonom: "Es schlägt Viertel vor zwölf für Moskau"

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Wie wirksam sind die Sanktionen der EU gegen Russland?

(Foto: picture alliance / pressefoto_korb)


Trifft das neue EU-Sanktionspaket Russland, wo es weh tut? Es sei ein "hartes Brot" für ein Land, das "auf dem Stand von vor zehn Jahren ist", sagt IfW-Experte Mahlkow ntv.de. Er erwartet vor dem Ausschluss von Swift noch eine weitere Eskalationsstufe.

Das neue Sanktionspaket der EU wird seine Wirkung gegen Russland nicht verfehlen. Davon sind Ökonomen überzeugt. "Es ist eine weitere Eskalationsstufe", erklärt Hendrik Mahlkow vom IfW Kiel ntv.de. Und: "Das wird Russland treffen." Die EU hat nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine innerhalb weniger Tage gleich zwei Pakete hintereinander geschnürt. Vergleiche man die beiden, habe "die Uhr Dienstag halb zwölf und am Freitag Viertel vor zwölf geschlagen", sagt der Ökonom.

Verpuffen, wie Beobachter teils fürchten, werden die Maßnahmen nicht, sind sich Ökonomen einig. Es sei aber Geduld gefragt. Es gehe um einen "längerfristigen Horizont", erklärt Mahlkow. Auch der Portfoliomanger der DZ Privatbank Ascan Iredi erwartet, dass die Sanktionen "mittelfristig nicht nur das russische Regime, sondern auch die Wirtschaft in Gänze stark treffen werden", wie er im ntv-Interview sagt. Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank pflichtet ebenfalls bei.

Die Auswirkungen der Sanktionen werden auf Dauer "erheblich sein". Investoren in Russland würden abgeschreckt. Die russische Wirtschaft könne das trotz der hohen Devisenreserven nur kurzfristig verkraften, erklärt Schmiedung ntv.de.

Die EU legt eine Schippe drauf

Zusammengefasst gehören zu den beschlossenen Maßnahmen der EU bislang das Einfrieren von Vermögenswerten gegen russische Banken und Geschäftsleute. Außerdem wurden ein Stopp der Mittelbeschaffung im Ausland, das Einfrieren des Elf-Milliarden-Dollar-Gaspipelineprojekts Nord Stream 2 und der stark beschnittene Zugang zu High-Tech-Produkten wie Halbleitern beschlossen.

Mit den Exportkontrollen im neuen Sanktionspaket werden nun "Wirtschaftszweige direkt angegangen", sagt der IfW-Experte Mahlkow. Außerdem würden 70 Prozent der Transaktionen russischer Banken mit Europa unterbunden. Mit dem neuen Paket habe man Russlands Schlüsselindustrien ins Visier genommen. "Die EU versucht, den Verteidigungssektor zu treffen, Halbleiter, Computertechnik, Transportwesen ebenso wie den Energiesektor."

Exporte von Öl und Gas sorgen für 60 Prozent der russischen Staatseinnahmen. "Russland ist abhängig von diesen Exporten. Und sie können jetzt nicht mehr mit westlicher Technik ihre Ölfelder warten oder neue Gasfelder erschließen. Das lässt sich nicht einfach substituieren", sagt Mahlkow. Russland könne nicht auf chinesische Lieferanten ausweichen, weil spezifische Technik aus dem Westen gebraucht würde.

"Ein hartes Brot" für Russland

Auch die Exportkontrollen bei Halbleitern sowie für Ersatzteile für Flugzeuge bremsen die Wirtschaft aus: "Drei Viertel der russischen Flugzeugflotte kommt aus dem Westen", sagt Mahlkow. Dafür gebe es jetzt keine Teile mehr. Die "Maschinen müssen regelmäßig gewartet werden. Ohne Ersatzteile bleiben die auf dem Boden". Nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Bevölkerung werde dadurch in Mitleidenschaft gezogen. "Russland ist ein großes Land, die Menschen fliegen", gibt Mahlkow zu bedenken. "Man darf nie vergessen, Sanktionen sind ein schmerzhaftes Instrument, das auch weh tut."

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"Durch die Sanktionen werden die Staatseinnahmen erheblich sinken, dadurch werden Investitionen ins Gesundheits-, Schulwesen oder in der Infrastruktur gekürzt." Das sei "ein hartes Brot" für Russland, sagt der Ökonom. Die Folgen werde man in drei bis fünf Jahren sehen, prognostiziert er. Perspektivisch werde es zu "Verwerfungen" kommen.

Das viel diskutierte Abschalten des Zahlungssystems Swift, die "Atombombe" unter den Sanktionen und ultimative Maßnahme für den Westen, ist für den Ökonomen erst die übernächste Eskalationsstufe. Als nächsten Schritt erwartet er breitangelegte sektorale Sanktionen, durch ein Verbot beispielsweise, Erdöl in den Westen zu liefern. Die jetzt verhängten Exportkontrollen seien dazu der erste Schritt. Im Moment werde noch geprüft, ob exportiert werden darf oder nicht. Im nächsten Schritt dürfte in dem ganzen Sektor dann gar kein Handel mehr betrieben werden. Dann wäre es "zehn vor zwölf".

Quelle: ntv.de

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