Mittwoch, 23. März 2022

Bei Markus Lanz geht Chodorkowski am Abend noch weiter. Er fordert erneut Waffenlieferungen an die Ukraine, und er kritisiert die bisherigen Sanktionen gegen Russland. Sie seien nicht zu Ende geführt worden, was dringend nötig sei. "Mich wundert, wenn Ihre Politiker meinen, dass wir uns nicht im Krieg mit Russland befinden. Denn Putin sagt, er führe den Krieg mit der NATO und den USA auf dem Boden der Ukraine. Deswegen müssen wir aufhören, den Kopf in den Sand zu stecken. Der Boden ist in Wahrheit aus Beton", sagt Chodorkowski.

 Talk über Ukraine-Krieg bei Lanz

Chodorkowski sieht Gefahr für Polen und Baltikum

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Chodorkowski war in den 1990er Jahren einer der bekanntesten russischen Oligarchen.

(Foto: picture alliance/dpa)



Der Krieg in der Ukraine ist einmal mehr das Diskussion-Thema in der Talkshow mit Markus Lanz. Dabei zeichnete der russische Dissident Michail Chodorkowski ein düsteres Bild über die Pläne von Wladimir Putin. Für ihn ist die Gefahr eines dritten Weltkrieges sehr real.

Der Krieg in der Ukraine steht vier Wochen nach dem Einmarsch der russischen Truppen erneut im Mittelpunkt der Talkshows am Mittwochabend. In der ZDF-Sendung Markus Lanz werden dazu zwei besondere Experten zugeschaltet. Dabei appelliert eine ukrainische Nachrichtensprecherin eindringlich an die deutsche Regierung. Sie fordert Hilfe für ihr Land. Der russische Kremlkritiker Michail Chodorkowski warnt vor einem bevorstehenden dritten Weltkrieg.

Chodorkowski war in den 1990er Jahren einer der bekanntesten russischen Oligarchen. Der Vorstandsvorsitzende des damals zweitgrößten russischen Ölkonzerns Jukos soll zeitweise der reichste Mann des Landes gewesen sein. Wegen dessen Politik einer "gelenkten Demokratie" legte er sich später mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin an und wurde 2003 verhaftet. Anschließend verbrachte er zehn Jahre in Straflagern. Heute gehört der im Exil lebende Chodorkowski zu Putins schärfsten Kritikern.

Bei RTL und NTV hatte er den russischen Präsidenten einen "Banditen" und "Verbrecher" am Mittwoch genannt. Gleichzeitig hatte er den Westen zu weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine aufgefordert. "Die Ukraine wird keinen Widerstand leisten können ohne regelmäßige Waffenlieferungen", so der Regimekritiker.

"Wir dürfen den Kopf nicht länger in den Sand stecken"

Bei Markus Lanz geht Chodorkowski am Abend noch weiter. Er fordert erneut Waffenlieferungen an die Ukraine, und er kritisiert die bisherigen Sanktionen gegen Russland. Sie seien nicht zu Ende geführt worden, was dringend nötig sei. "Mich wundert, wenn Ihre Politiker meinen, dass wir uns nicht im Krieg mit Russland befinden. Denn Putin sagt, er führe den Krieg mit der NATO und den USA auf dem Boden der Ukraine. Deswegen müssen wir aufhören, den Kopf in den Sand zu stecken. Der Boden ist in Wahrheit aus Beton", sagt Chodorkowski.

Sollte die russische Armee den Krieg in der Ukraine gewinnen, sei es unausweichlich, dass Putin weitere Länder angreife, sagt Chodorkowski. "Während seiner Präsidentschaft hat Putin seine Probleme schon viermal mit Kriegen gelöst, der Einmarsch in die Ukraine ist der vierte Krieg. Warum glauben Sie eigentlich, dass er ein fünftes Problem anders lösen wird? Wenn er die Ukraine einnimmt, werden seine nächsten Ziele das Baltikum und Polen sein. Das Eindringen in die Ukraine muss unweigerlich zu einem dritten Weltkrieg führen."

Das liege tatsächlich im Bereich des Möglichen, meint auch der Wirtschaftswissenschaftler Jonas Kluge. Diesen Krieg wolle die NATO verhindern. Deswegen werden an die Ukraine auch nur solche Waffen geliefert, die einen NATO-Russlandkrieg verhindern können.

"Das ist Völkermord"

In der Ukraine wird unterdessen weiter gekämpft. Davon berichtet die Sängerin Natalia Klitschko, die Frau von Ex-Boxer Vitali Klitschko, bei Lanz. Mit ihren in der Ukraine lebenden Verwandten kommuniziert sie täglich per Whatsapp. "Das ist Völkermord", sagt sie über die Ereignisse in ihrem Land. "Wenn die Russen behaupten, sie greifen keine zivilen Ziele an, dann ist das eine totale Lüge." Dass die Menschen ihr Land verteidigen, erklärt sie mit der Geschichte der Ukraine. "Wir waren fast immer unterdrückt. Seit dreißig Jahren sind wir frei. Wir wollen keine Sklaven mehr sein."

Solomiya Vitsvitska lebt und arbeitet in Kiew. Dort ist sie Nachrichtensprecherin beim privaten Informationssender Eins plus Eins. Ihr Sender hat sich mit mehreren anderen Fernsehstationen zusammengeschlossen. "Wir sind keine Konkurrenten mehr", sagt sie. Ihre Kollegen und sie liefern News rund um die Uhr, aus ihren Studios oder – bei Luftalarm – aus einem Sicherheitsraum in einer Tiefgarage. Wenn nötig, schläft sie auch in ihrem Sender, auf einem Sofa, im Schlafsack. "Das ist für uns ganz normal", erklärt sie lässig. "Wir halten durch - bis zum Ende."

"Jetzt ist Zeit zu handeln"

Und dann nutzt sie ihren Auftritt für einen unerwarteten Appell. Zunächst dankt sie den Deutschen für ihre Hilfsbereitschaft bei der Unterbringung ihrer Landsleute, die die Ukraine verlassen mussten.

"Aber wir sind hier in der Ukraine enttäuscht und entsetzt über Deutschland, das reichste Land Europas, und über Ihre Politik. In Mariupol hört das Sterben nicht auf, da werden Frauen und Kinder von der russischen Armee abgeschlachtet. Und in Deutschland wird diskutiert, gehofft und gebetet. Aber diese Schwäche hat den Krieg erst ermöglicht, das Abwarten, die Milliarden für Russland, und dass die NATO nicht eingreift. Jetzt ist nicht die Zeit für Diskussionen. Jetzt ist Zeit zu handeln. Wir sind verzweifelt. Bitte warten Sie nicht mehr mit der Verschärfung der Sanktionen gegen Russland. Und gebt uns alles, was Ihr habt! Schickt es uns jetzt! Wir brauchen die Hilfe heute, nicht erst morgen, wenn unsere Leute tot sind. Unsere Armee kämpft nicht nur für die Ukraine, sondern für ganz Europa. Das muss jeder begreifen."

Quelle: ntv.de

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