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Hryvnia: stabil, aber für Flüchtlinge nutzlos
Inmitten des brutalen russischen Angriffskriegs hält sich die ukrainische Hryvnia erstaunlich stabil - im Gegensatz zum Rubel, der abschmierenden Währung des Aggressors. Für viele Ukrainer im Ausland ist das allerdings kein Trost. Niemand will ihr Geld annehmen.
Offiziell läuft es bestens für die Hryvnia (deutsch auch Griwna). Die ukrainische Währung hat in den vergangenen Tagen internationalen Finanzdatendiensten zufolge gegenüber dem Dollar sogar ganz leicht an Wert gewonnen. In der Ukraine selbst hat die Zentralbank im Zuge der Ausrufung des Kriegsrechts nach dem russischen Überfall den Kurs zum Dollar auf gut 29 Hryvnia offiziell fest- und den Devisenhandel weitgehend ausgesetzt. Zentralbank und Regierung verweisen auf die Devisenreserven der ukrainischen Währungshüter von fast 28 Milliarden Dollar, mit denen sie den Hryvnia stützen könnten. Zudem stehe der Internationale Währungsfonds bereit, mit weiteren Milliarden zu helfen.
Mitten im Krieg zeigt die Währung des von der Atommacht Russland angegriffenen und teils verwüsteten Landes eine erstaunliche Stabilität - im Gegensatz zur Währung des Aggressors. Der Rubel ist infolge der westlichen Sanktionen eingebrochen. Millionen von Ukrainern, die etwa als Flüchtlinge im Ausland dringend Euro, polnische Zloty oder rumänische Leu brauchen, nutzt diese Stabilität allerdings gar nichts. Hryvnia umzutauschen, erweist sich seit Kriegsbeginn als nahezu unmöglich.
Viele Ukrainer haben größere Summen in bar auf der Flucht dabei. Devisen wie Euro und Dollar zahlen die ukrainischen Banken seit Kriegsbeginn nur noch begrenzt, praktisch oft gar nicht mehr aus. Doch Hryvnia-Scheine erweisen sich im Ausland nun als nahezu wertlos. Schon vor dem Krieg war die Hryvnia eine exotische, von internationalen Banken kaum gehandelte Devise. Banken, Sparkassen und auch viele Wechselstuben nahmen sie nicht an und tun es auch jetzt nicht. Zu klein war die Nachfrage schon immer, zu groß der Aufwand, Hryvnia wieder loszuwerden.
Zentralbanken suchen nach Lösung
Jetzt klagen auch Wechselstuben in den Nachbarländern der Ukraine über dasselbe Problem. Mehr als eine Million ukrainischer Flüchtling sind bereits in dem Land. Vor den Wechselstuben bilden sich teils lange Schlangen. Alle wollen Hrynvia verkaufen, aber niemand kaufen. Angebot und Nachfrage kommen zum offiziellen Kurs nicht ins Gleichgewicht. Theoretisch garantiert zwar die ukrainische Notenbank einen Umtausch zum von ihr festgelegten Kurs. Dafür müssten die Devisenhändler die Scheine allerdings in die Ukraine zur Zentralbank ins Kriegsgebiet bringen. Ein Unterfangen, das offenbar niemand riskieren will - zumindest nicht für den zum offiziellen Wechselkurs möglichen Gewinn. Berichten zufolge finden Geldwechsler in Polen etwa zum Kurs 1 Dollar zu 50 Hryvnia Käufer, die ihnen ausreichende Mengen der ukrainischen Währung abnehmen.
Bei den Zentralbanken ist das Problem bekannt. Seit mehr als einer Woche schon sind die Währungshüter unter anderem der Eurozone und Polens im Gespräch mit der ukrainischen Zentralbank. Eine einfache Lösung wäre ein Fonds zum Ankauf von Hryvnia von Geschäftsbanken, die dann Wechselstuben oder auch direkt ukrainischen Kunden deren Bargeld zum offiziellen Kurs abnehmen könnten. Doch ein solcher Hilfsfonds würde höchstwahrscheinlich erhebliche Verluste machen und das Mandat der EZB überschreiten. Die Finanzierung müssten also die EU-Regierungen übernehmen. Gespräche auch dazu mit den Finanzministerien gibt es, allerdings bislang ohne Ergebnis
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