die Gräueltat von Butscha verändert zuerst die Wahrnehmung des Krieges und dann – womöglich – auch den Kriegsverlauf selbst: Über 410 Zivilisten wurden nach ukrainischen Angaben in der Kleinstadt Butscha 25 Kilometer nordwestlich von Kiew ermordet. Nach dem Abzug der russischen Armee fand man ihre Leichen überall verstreut, den vom Fahrrad geschossenen Mann, die Frau, die eben noch ihre Kartoffeln die Dorfstraße entlang trug, den Jungen, der neben seinem Vater im Auto saß, bevor sein junges Leben beendet wurde. Teilweise waren die Toten gefesselt, viele wurden offenbar per Kopfschuss hingerichtet. |
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Es ist wie in einem Horrorfilm, sagte Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko bei der gespenstisch anmutenden Ortsbegehung: |
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Die internationale Politik wurde durch das Ereignis aus ihren Routinen gerissen:
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Die Bundesregierung gerät damit weiter unter Druck. Schon bisher war Olaf Scholz der Spätberufene, wenn es um Wirtschaftssanktionen und Waffenlieferungen an die Ukraine ging. Deutschland ist die Zauderliese des Westens. Auch gestern wieder war dem Kanzler kein klares Wort zu entlocken: |
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Was man so sagt, wenn man nichts sagen will. Was man sagt, wenn man keine weiteren Wohlstandseinbußen in Kauf nehmen möchte. Olaf Scholz liebt den Status Quo mehr als den Freiheitskampf. |
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Die Außenministerin immerhin beherrscht die Placebo-Politik. Sie verwies 40 russische Diplomaten als „unerwünschte Personen” außer Landes und erklärte: |
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Die russische Regierung zeigte sich keineswegs demütig, sondern ging zum Gegenangriff über. Sie will sich gegen die Vorwürfe wehren, und hat verlangt, dass der UN-Sicherheitsrat eine Sondersitzung abhält. Die ukrainische Staatsführung versuche, die Friedensgespräche zu stören und die Gewalt mit einer „Provokation“ in der Ortschaft eskalieren zu lassen. Russlands Außenminister Lawrow sprach von einem „erfundenen Angriff“. Fazit: Der Krieg ist in eine neue und unversöhnliche Phase eingetreten. Wie Ukrainer und Russen, wie der Westen und Russland je wieder zueinander finden können, ist heute morgen unklarer denn je. |
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Es sind nicht mehr viele Journalisten, die in Kiew ausharren und als Ohren- und Augenzeugen aus diesem Krieg berichten. Paul Ronzheimer, stellvertretender Chefredakteur der Bild-Zeitung, ist einer von ihnen. Auch in Butscha hat er sich vor Ort einen Eindruck verschafft. Nach seiner Rückkehr in das Stadtzentrum von Kiew habe ich ihn angerufen und für den Pioneer Podcast mit ihm gesprochen – über das, was er gesehen, gehört und gefühlt hat. |
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Alle waren Zivilisten: |
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Fazit: Hier erzählt ein Kriegsreporter alter Schule, nicht was er denkt und glaubt, sondern was er sieht. Durch seine Augen sehen auch wir klarer. |
In seinem aktuellen Gastbeitrag für The Pioneer analysiert der frühere Außenminister und World Briefing Mann Sigmar Gabriel die Auswirkungen von Putins Krieg auf die weltpolitischen Akteure. |
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