Dienstag, 5. April 2022

sowie die panische Angst, die Kontrolle über die Ukraine für absehbare Zeit zu verlieren, hat Putin wohl schon damals seine Entscheidung getroffen. Sein Ziel ist nicht die Verhinderung der NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, sondern die Vernichtung der freien, demokratischen ukrainischen Nation. Dass Putin seine Ziele nun wohl anpassen und deutlich reduzieren muss, hat einzig und allein mit dem Widerstand des ukrainischen Volkes und der ukrainischen Armee zu tun.

 Russlands Krieg gegen die Ukraine wurde womöglich über Jahre vorbereitet und hätte durch nichts verhindert werden können. Denn Moskau geht es nicht um Nebenthemen wie die Osterweiterung der NATO, sondern um eine grundsätzliche Lösung des "Ukraine-Problems".

Oft ist von den deutschen Experten wie dem Politikwissenschaftler Johannes Varwick zu hören, dass der russische Überfall auf die Ukraine vielleicht hätte verhindert werden können, wenn sich die Ukraine und der Westen "stärker bewegt" hätten. "Russlands Angriffskrieg ist ein Verbrechen, genauso wie Russlands Kriegsverbrechen", schreibt Varwick auf Twitter. "Dafür jedoch die verantwortlich zu machen, die diesen Krieg durch Interessenausgleich und Diplomatie verhindern wollten, ist schlichtweg unanständig!"

Er ist mit solchen Statements nicht allein. Nun, natürlich ist Wladimir Putin ist der Hauptverantwortliche dieses Krieges. Allerdings trägt gerade die deutsche Politik eine heftige Mitschuld - schon weil sie die Pipeline Nord Stream 2 selbst nach der Annexion der Krim sowie nach dem Beginn des Kriegs im Donbass mitgetragen hat. Wer jedoch ernsthaft denkt, dass etwa der Verzicht der Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft diesen Krieg verhindert hätte, ist entweder blind oder zutiefst naiv.

Dass die Mehrheit der Ukrainer plötzlich überhaupt in die NATO wollte - selbst nach der Maidan-Revolution war das Thema in der ukrainischen Gesellschaft umstritten -, hat allein mit der immer offeneren Aggression Russlands zu tun. Die Allianz selbst hat dabei Kiew kontinuierlich die Grenzen aufgezeigt und sehr deutlich gemacht, dass eine Mitgliedschaft außer Frage steht, auch wenn sie die Tür nicht formell schließen wollte.

Die Erfüllung von Minsk wurde unmöglich

Das faule Gerede über einen "Interessenausgleich", die NATO-Osterweiterung und die sogenannten "Sicherheitsgarantien" für Russland dienen dem Kreml nur zur Vertuschung der eigenen Motive und sollte daher trotz aller Fehler der NATO im Umgang mit Moskau ignoriert werden. Denn die einzige relevante Voraussetzung für diese Invasion ist Putins Wunsch, die für Russland schmerzhafte Ukraine-Problematik auf Dauer zu lösen. Politische Instrumente standen ihm dafür nicht mehr zur Verfügung, im Gegenteil: Ihm lief in der Ukraine die Zeit davon. Und weil Russland vor dem Krieg wirtschaftlich so stabil war wie schon lange nicht mehr und Experteneinschätzungen zufolge vor dem erfolgreichsten Jahr seit rund 15 Jahren stand, gab es für den Kreml ein klares Möglichkeitsfenster.

Seit 2014, weniger durch die zunächst auch in der Ukraine unterschiedlich bewertete Maidan-Revolution und verstärkt durch die Annexion der Krim und den Donbass-Krieg, ist der Einfluss Russlands im Land massiv zurückgegangen. Selbst die Wähler der vermeintlich russlandfreundlichen Parteien haben diese vor allem gewählt, weil sie Zustände wie vor 2014 wollten - und sind nun erschrocken über das Agieren Russlands in ihrem Land. Lange diente Russland das Minsker Abkommen als passendes Instrument, das die Ukraine unter der Gefahr einer militärischen Niederlage unterschrieben hatte: Wäre es umgesetzt worden, hätten die von Separatisten besetzten Gebiete im Donbass jetzt ein Mitspracherecht in der landesweiten Politik der Regierung in Kiew.

Anders als sein Vorgänger Petro Poroschenko wollte der im Frühjahr 2019 gewählte ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einen Kompromiss mit Moskau erreichen. Nur wenige Tage nach Selenskyjs Sieg in der Stichwahl entschied sich Putin jedoch, russische Pässe an die Bevölkerung der sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk auszugeben: ein klarer Affront gegen das Friedensabkommen. Die Erfüllung von Minsk wurde so unmöglich, und es ist davon auszugehen, dass der große Krieg schon damals in Planung war.

Moskau wollte keine Verhandlungen, sondern eine Kapitulation

Trotz dieser Ohrfeige versuchte Selenskyj zu verhandeln. Er führte riskante Truppenentflechtungen durch und schaffte im Sommer 2020 den ersten erfolgreichen Waffenstillstand im Donbass seit Beginn des Kriegs. Moskau wollte jedoch die Kapitulation Kiews, nicht ernsthafte Verhandlungen. Als Selenskyj im Februar 2021 drei prorussische Nachrichtensender sperren ließ, war klar: Zur Kapitulation ist dieser ukrainischer Präsident ist nicht bereit.

Bereits im Frühjahr 2021 führte Russland beim damaligen Truppenaufmarsch die Generalprobe der großen Invasion in die Ukraine durch. Mit Zugeständnissen hätte sich der Krieg nicht verhindern lassen. Getrieben durch die Selbstüberschätzung der eigenen Armee, die günstigen Wirtschaftsbedingungen sowie die panische Angst, die Kontrolle über die Ukraine für absehbare Zeit zu verlieren, hat Putin wohl schon damals seine Entscheidung getroffen. Sein Ziel ist nicht die Verhinderung der NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, sondern die Vernichtung der freien, demokratischen ukrainischen Nation. Dass Putin seine Ziele nun wohl anpassen und deutlich reduzieren muss, hat einzig und allein mit dem Widerstand des ukrainischen Volkes und der ukrainischen Armee zu tun.

Quelle: ntv.de

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