Dienstag, 14. Juni 2022

Der Kläger: Dienstherr Johann Tschudi, der nebenbei einer der höchsten Sittenwächter des Landes war, hatte seine Dienstmagd Anna Göldi angeblich geschwängert und wollte sie durch die perfide Behauptung, sie sei eine Hexe, loswerden.

 

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Funkenfeuer © imago

Vor 240 Jahren vollzog sich in einem Schweizer Kanton ein barbarischer Akt: die letzte Hexenhinrichtung im deutschsprachigen Raum.

Die Dienstmagd Anna Göldi wurde der schwarzen Magie bezichtigt und im Juni 1782 enthauptet. Die Anklage: Die Tochter des Dienstherren der Anna Göldi sei erkrankt, nachdem die vermeintliche Hexe Stecknadeln in ihre Milchtasse gezaubert habe.

Der Kläger: Dienstherr Johann Tschudi, der nebenbei einer der höchsten Sittenwächter des Landes war, hatte seine Dienstmagd Anna Göldi angeblich geschwängert und wollte sie durch die perfide Behauptung, sie sei eine Hexe, loswerden.

Damit endete ein dunkles Kapitel in Europa. Zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert wurden während der europäischen Hexenverfolgung schätzungsweise drei Millionen Menschen der Hexerei beschuldigt, von denen bis zu 60.000 hingerichtet wurden – 80 Prozent davon Frauen.

Ob Pestextreme Wetterlagen oder Hungerkrisen – wo die Suche nach greifbaren Erklärungen endet, beginnt die nach dem Sündenbock.

Die vollständige Aufarbeitung des Falls Anna Göldi zog sich bis ins 226. Jahr nach ihrem Tod. Im Frühjahr 2007 forderte der Jurist und Journalist Walter Hauser, Göldi in einem symbolischen Akt für unschuldig zu erklären. Doch die Glarner Kantonsregierung und die protestantische Landeskirche wehrten sich gegen den Vorstoß. Ihr Argument: Anna Göldi sei im Bewusstsein der Bevölkerung bereits rehabilitiert.

Erst im Kantonsparlament erlangte das Vorhaben die nötige Mehrheit, sodass Regierung und die Landeskirchen einlenken mussten. 226 Jahre nach ihrem Tod wurde die Hexenverbrennung als „Justizmord“ bezeichnet. Immerhin.

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Zeichnung von Anna Göldi © NZZ


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