05.04.2022
Verrechnungsbeschränkung für Aktienverluste: Ministerium nimmt neue Vorläufigkeit in Steuerbescheide auf
Einkommensteuerbescheide ergehen ab sofort vorläufig hinsichtlich der Frage, ob die Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienveräußerungsverluste verfassungsgemäß ist. Der neue Vorläufigkeitsvermerk wird sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen ab dem Veranlagungszeitraum 2009 beigefügt, zu denen ein Verlust aus Kapitalvermögen (im Sinne des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 S. 1 EStG) aus der Veräußerung von Aktien festgestellt wird, weil ein Ausgleich mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen nicht möglich ist.
Die neue Vorläufigkeit wurde geschaffen, weil der Bundesfinanzhof (BFH) dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt hat, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass Verluste aus der Veräußerung von Aktien nach der Änderung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 nur noch mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien und nicht mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden dürfen.
Nach Auffassung des BFH bewirkt die gesetzlich vorgesehene Verlustverrechnungsbeschränkung eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, weil sie Steuerzahler ohne rechtfertigenden Grund unterschiedlich behandelt - je nachdem, ob sie Verluste aus der Veräußerung von Aktien oder aus der Veräußerung anderer Kapitalanlagen erzielt haben. Eine Rechtfertigung für diese Ausgestaltung der Verlustausgleichsregelung für Aktienveräußerungsverluste ergibt sich nach Gerichtsmeinung weder aus der Gefahr der Entstehung erheblicher Steuermindereinnahmen noch aus dem Gesichtspunkt der Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen oder aus anderen außerfiskalischen Förderungs- und Lenkungszielen.
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