Mittwoch, 12. April 2023

Lange Zeit zeigten sich das Finanzministerium und die Finanzgerichte hart: Zwar konnten Aktien- und Anleihebesitzer beim Verkauf schon länger erlittene Verluste steuerlich absetzen, jedoch nicht, wenn Firmen, deren Papiere sie hielten, in die Insolvenz rutschten. Bei Unternehmenspleiten waren die Anleger also doppelt bestraft – erstens verloren sie ihr Geld, und zweitens konnten sie die Verluste nicht geltend ­machen. Inzwischen haben die Gerichte ihre Meinung geänder

 

LESERFRAGEKann ich Verluste aus Insolvenzen bei Anleihen steuerlich absetzen?

Symbolbild Geldanlage
Symbolbild Geldanlage
© dpa
Ich halte Anleihen eines kleineren Unternehmens, das nun insolvent ist. Kann ich die Verluste steuerlich absetzen?

Lange Zeit zeigten sich das Finanzministerium und die Finanzgerichte hart: Zwar konnten Aktien- und Anleihebesitzer beim Verkauf schon länger erlittene Verluste steuerlich absetzen, jedoch nicht, wenn Firmen, deren Papiere sie hielten, in die Insolvenz rutschten. Bei Unternehmenspleiten waren die Anleger also doppelt bestraft – erstens verloren sie ihr Geld, und zweitens konnten sie die Verluste nicht geltend ­machen. Inzwischen haben die Gerichte ihre Meinung geändert.

Seit Ende 2017 gilt für Aktien wie für Anleihen: Bei Zahlungsausfall können Anleger die Verluste steuerlich absetzen, urteilte der Bundesfinanzhof (BFH). Kapitalmarktanwälte wie Wolfgang Schirp aus Berlin finden das auch mehr als gerechtfertigt: „Denn wie kann das Finanzministerium sagen: Gewinne aus Kapitalanlagen werden besteuert, aber Verluste seien ihm egal, die trage der Anleger selbst?“ Genau das allerdings plant derzeit Finanzminister Olaf Scholz, der laut einem Referentenentwurf die Anrechenbarkeit von Verlusten ab 2020 wieder abschaffen will.

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Noch aber stellt der BFH in seinem Urteil fest: „Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung“ führe „zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust“ (VIII R13/15). Genau in dieser Formulierung steckt für Anleihebesitzer der Knackpunkt: Denn auf die Frage, wann die Forderung eines Anleihebesitzers endgültig ausgefallen ist und er sein Geld nicht in Höhe des Nennwerts zurückerhalten wird, gibt es gleich mehrere mögliche Antworten, über die man mit dem Finanzamt trefflich streiten kann: erstens, wenn der Insolvenzantrag gestellt wird; oder zweitens, wenn er mangels Masse abgewiesen wird; wenn, drittens, das Insolvenz­verfahren beendet ist, was sich bei Pleiten oft über Jahre hinzieht; oder, viertens, wenn das Unternehmen aus dem Handelsregister gelöscht ist. Hier gibt es leider keine einheitliche Sichtweise der Ämter und Finanzgerichte.

60 Prozent
der gelisteten Anleihen im einstigen Mittelstandssegment der Stuttgarter Börse erlitten von 2010 bis 2014 eine „Leistungsstörung“, ihre Emittenten gerieten in die Insolvenz oder wurden restrukturiert.

Kapitalmarktanwalt Schirp sagt: „Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder wenn das offizielle Zusammenstreichen der Anleihe erfolgt und die Anleihen durch einen Rechtsakt vernichtet werden oder im Jahr der Insolvenz.“ Später wird der Verlust auch auf der Steuerbescheinigung der Depotbank auftauchen, doch man sollte ihn – angesichts der Finanzministerpläne – am besten sofort in der Steuererklärung ansetzen.


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