Sonntag, 24. November 2024

„Wenn sie nicht zahlen, werden wir sie nicht beschützen“, so klang Donald Trump im Februar 2024 bei einer Wahlkampfveranstaltung in South Carolina.

 

25.11.2024
Guten Morgen Rolf Koch,

„Wenn sie nicht zahlen, werden wir sie nicht beschützen“, so klang Donald Trump im Februar 2024 bei einer Wahlkampfveranstaltung in South Carolina.

Warum das wichtig ist? Weil mit der Wahl des Wahlkämpfers die Hoffnung der Europäer geplatzt ist, sich weiter auf den preisgünstigen Versicherungsschutz der USA verlassen zu können. Präsident Trump erhöht die Preise.

Donald Trump in Rock Hill, South Carolina, am 23.02.2024
Donald Trump in Rock Hill, South Carolina, am 23.02.2024 © imago

Sein Drohpotenzial ist auch deshalb so gewaltig, weil der Zustand der europäischen Streitkräfte lausig ist. Die Europäer sind die Maulhelden der Verteidigung. Ohne die US-Streitmacht wären Berlin, Paris und Rom nicht zu halten.

Alle deutschen Kanzler wussten es, auch Merkel. In dem ersten veröffentlichten Auszug ihrer Memoiren „Freiheit“ bestätigt sie:

 Obama hat mir bei dem Thema immer wieder ins Gewissen geredet. Mir war bewusst, dass wir als Deutsche für unsere eigene Sicherheit auf die Nato angewiesen waren. “

Eine aktuelle Studie mit dem Titel „Zu einem resilienten Europa: Innovationen in Verteidigung und Sicherheit“ enthüllt die Misere in geradezu schonungsloser Offenheit. Die internationale Investmentfirma Lakestar des Tech-Unternehmers und Gründers Dr. Klaus Hommels – zudem Aufsichtsratschef beim Nato-Innovationsfonds und Investor bei The Pioneer – skizziert darin den fahrlässigen Umgang mit der europäischen Sicherheit in den vergangenen Jahrzehnten.

Dr. Klaus Hommels, Gründer und Vorsitzender des Unternehmens Lakestar, 13.09.2022
Dr. Klaus Hommels, Gründer und Vorsitzender des Unternehmens Lakestar, 13.09.2022 © dpa

Die europäischen Staats- und Regierungschefs, sagt er, hätten in Friedenszeiten eine „Überdosis an Beruhigungsmitteln“ eingenommen.

Hier die unbequemen Fakten zum Zustand der europäischen Verteidigung in sieben Grafiken:

#1 Kaputtgesparte europäische Verteidigung

Die Verteidigungsausgaben der europäischen Nato-Partner – also ohne die USA, Kanada und Türkei – liegen im Verhältnis zum BIP 30 Prozent unter dem Niveau von 1992, trotz weltweit gewachsener Bedrohungslage.

 
Nato-Verteidigungsausgaben: Die Friedensdividende
Verteidigungsausgaben* der europäischen Nato-Mitglieder** in Relation zu ihrem BIP, in Prozent
 
Infografik teilen
            email    email

#2 Nato-Europa gegen den Rest der Welt

Während die USA, China und Russland ihre Verteidigungsausgaben aufstocken, hat man sich in den europäischen Nato-Staaten auf die USA verlassen.

 
Europäische Verteidigung: Die große Stagnation
Entwicklung der Verteidigungsausgaben der europäischen Nato-Mitglieder* im Vergleich zu anderen Staaten, in Milliarden US-Dollar**
 
Infografik teilen
            email    email

#3 (Rück-)Entwicklung der Ausstattung

In ausgewählten europäischen Ländern – darunter Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien – findet die Abhängigkeit von den USA ihre Krönung im vorsätzlichen und über Jahre betriebenen Rückbau der eigenen Militärausrüstung.

 
Europa auf dem Rückzug
Anzahl an Kampfpanzern und -flugzeugen ausgewählter europäischer Staaten*
 
Infografik teilen
            email    email

#4 Rückschritt statt Fortschritt

Es zeigt sich: Die USA haben im Bereich der Verteidigung mehr als das zehnfache in Forschung und Entwicklung investiert als Europa. Hierzulande fehlt nicht nur das harte, sondern auch das smarte Gerät. Oder wie Klaus Hommels sich gegenüber The Pioneer ausdrückt:

 Eine 1.000 Euro teure Drohne zerstört einen Panzer, der Millionen kostet. Daraus ergibt sich die Wichtigkeit, nicht in historische Kampfmittel, sondern in neue Technologien zu investieren. “
 
Amerika vorn
Forschungs- und Entwicklungsausgaben für Verteidigung im Jahr 2022, in Milliarden US-Dollar
 
Infografik teilen
            email    email

#5 Szenario: Was kostet eine realistische Verteidigungsfähigkeit?

Deutschland hat zwischen 1960 und 1989 Verteidigungsausgaben in Höhe von rund 3,3 Prozent am Bruttosozialprodukt erreicht – und danach seine Friedensdividende kassiert. Wenn die Bundeswehr wieder „voll kriegstüchtig“ (Pistorius) werden will, müssten erneut rund 3,5 Prozent des BIP in den Militärapparat investiert werden – also mehr als 150 Milliarden Euro jährlich statt der heute knapp 50 Milliarden im Haushalt 2025. Das sagt die Studie von Lakestar.

 
3,5 Prozent: Außer Sichtweite
Prognostizierte Verteidigungsausgaben* im Zeitverlauf sowie zusätzlicher Finanzbedarf, um die Ausgaben auf 3,5 Prozent des BIP zu erhöhen, in Milliarden Euro
 
Infografik teilen
            email    email

#6 Verteidigungs- vs. Sozialetat

Diese Neupriorisierung der nationalen Sicherheit hat Folgen für die bisherigen Prioritäten Klima und Sozialstaat. Zum Vergleich: Der Etat für Arbeit und Soziales beträgt aktuell knapp 176 Milliarden Euro und liegt damit mehr als 230 Prozent über dem im Bundeshaushalt budgetierten Verteidigungsetat.

 
Soziale Sicherheit vs. militärische Sicherheit
Ausgaben des Verteidigungsministeriums und des Arbeits- und Sozialministeriums im Zeitverlauf
 
Infografik teilen
            email    email

#7 Investieren heißt nicht verschulden

Militärausgaben sind nicht notwendigerweise ein Verlustgeschäft für die Volkswirtschaft, denn sie können auch Wachstumsimpulse auslösen, zeigt die Studie von Lakestar.

 
Wachstumsschub durch Aufrüstung
Medianwerte der geschätzten volkswirtschaftlichen Folgeeffekte durch zusätzliche lokale Verteidigungsausgaben* von rund 90 Milliarden Euro
 
Infografik teilen
            email    email

Fazit: Die Verwandlung des Wortes „Zeitenwende“ in die Tat ist von allen Transformationen die schwerste. Dafür braucht es nicht nur eine andere Regierung in Berlin. Dafür braucht es ein anderes Denken in Deutschland.

  • Pioneer-Podcast: Die amerikanische Journalistin und Historikerin Anne Applebaum warnt den Westen davor, den Ukraine-Krieg zu unterschätzen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

reziprok zu den argy-anleihenkursen