POLITIK
Nord Stream durch die Hintertür?FDPler greift Gazproms "Fake-Stiftung" an
Mecklenburg-Vorpommern gründet eine Stiftung, unter deren Schutzmantel die Gaspipeline Nord Stream 2 fertiggestellt werden soll. Der FDP-Politiker Graf Lambsdorff kritisiert das heftig: Die Stiftung sei zu 99 Prozent von Gazprom finanziert und damit ein Instrument der russischen Außenpolitik.
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Alexander Graf Lambsdorff, kritisierte eine Stiftung in Mecklenburg-Vorpommern, die den Weiterbau von Nord Stream 2 unterstützen soll, im Deutschlandfunk als "Fake-Stiftung". Es handele sich faktisch um eine Stiftung des russischen Unternehmens Gazprom. 99 Prozent des Geldes kämen direkt von der Nord Stream 2 AG, die Gazprom gehöre. Zudem dürfe Gazprom die Geschäftsführung und die Grundsätze des Geschäftsbetriebs bestimmen. Gazprom wiederum sei ein Instrument der russischen Außenpolitik, da das Unternehmen zu über 50 Prozent dem russischen Staat gehöre. Die FDP spreche sich daher für ein Moratorium aus; man solle den Weiterbau der Erdgas-Pipeline vorerst stoppen.
Vergangene Woche hatte der Schweriner Landtag den Weg frei gemacht für die Gründung einer landeseigenen Umweltstiftung. Die gemeinwohlorientierte Stiftung soll Projekte im Umwelt-, Natur- und Klimaschutz fördern, aber auch gewerblich aktiv werden können. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hatte im Parlament erklärt, da die USA am Bau beteiligten Firmen mit Sanktionen drohten, solle die Stiftung die Möglichkeit haben, unter anderem Materialien und Maschinen für diese Firmen zu besorgen. Stiftungen seien nicht von den Sanktionen betroffen.
Die SPD-Politikerin forderte die Bundesregierung auf, in ihren ersten Gesprächen mit der neuen US-Regierung auf eine Rücknahme der Sanktionen gegen das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 zu pochen. "Unabhängig davon, ob man die Pipeline richtig findet oder nicht, befreundete Länder können und dürfen so nicht miteinander umgehen", sagte Schwesig dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Sie räumte ein, dass sie die umstrittene Gründung einer Landesstiftung für Umweltschutz und den Weiterbau der Pipeline nicht mit der Bundesregierung abgestimmt habe.
Baerbock: Pipeline soll Polen und Ukraine schwächen
Schwesig verteidigte die Gründung der Stiftung gegen Kritik. "Wir reagieren darauf, dass die Amerikaner eine rechtsstaatlich genehmigte und fast fertiggestellte Pipeline mit Sanktionen bedrohen, um die Marktchancen für ihr eigenes Fracking-Gas zu verbessern. Das finde ich empörend und ärgere mich, dass all die Kritiker der Stiftung kein Wort darüber verlieren, wie sie zu den US-Sanktionen gegen deutsche Unternehmen stehen", sagte sie den RND-Zeitungen vom Donnerstag.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock hatte bereits am Mittwoch den Stopp der Stiftung gefordert, die den Weiterbau von Nord Stream 2 unterstützen soll. Die Gründung einer Stiftung zur Fertigstellung der Ostsee-Pipeline unterstreiche, dass es sich keineswegs um ein rein unternehmerisches Projekt handle, sagte Baerbock der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Dass mit russischen Geldern eine Stiftung unter dem Deckmantel des Klimaschutzes finanziert wird, die einzig und allein zur Fertigstellung der Pipeline dient, ist einfach ungeheuerlich. Nicht nur klimapolitisch, sondern vor allem geostrategisch."
Ziel des Kremls sei es, mithilfe der Pipeline die Ukraine und Polen aus dem Gastransit auszuschalten. "Dass die deutsche Bundesregierung dafür seit Jahren die Hand reicht - trotz Kritik zahlreicher europäischer Nachbarn und des EU-Parlaments - ist schlimm genug", sagte die Grünen-Politikerin. Dass Mecklenburg-Vorpommers Ministerpräsidentin eine öffentlich-rechtliche Stiftung gründe, um damit ein strategisches Projekt des Kremls abzusichern, sei "absolut inakzeptabel".
Umwelt- und Klimaschützer kritisieren die geplante Stiftung ebenfalls. So protestierten Aktivisten von Fridays for Future gegen die Pläne. Die Deutsche Umwelthilfe will nicht nur politisch, sondern auch juristisch gegen die Stiftungsgründung vorgehen. Bundesaußenminister Heiko Maas hatte sich ebenfalls skeptisch zur Gründung der Stiftung geäußert. "Es ist eine Entscheidung, die in Mecklenburg-Vorpommern getroffen worden ist. Es ist keine Entscheidung der Bundesregierung", sagte der SPD-Politiker am Montag.
Quelle: ntv.de, lwe/dpa/AFP
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