Abgeltungsteuer könnte erst 2023 entfallen
Der pauschale Tarif von 25 Prozent könnte noch eine Weile fortbestehen – zumindest für Zinserträge. Darauf deutet eine Passage im Jahressteuergesetz 2020 hin. Sollte es dazu kommen, wäre bei der Besteuerung von Renten- und Mischfonds ein gordischer Knoten zu lösen.
Die Abschaffung der Abgeltungsteuer auf Zinserträge gehört zu den Projekten, die sich die Regierungsparteien für die laufende Legislaturperiode vorgenommen haben. Nun könnte eine kurze Passage im geplanten Jahressteuergesetz 2020 darauf hindeuten, dass der Steuersatz von pauschal 25 Prozent erst 2023 gekippt wird. Davon geht zumindest der Düsseldorfer Steuerberater Stefan Renger aus, der darüber zuerst mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) sprach. Sollte es dazu kommen, droht ein steuerrechtliches Chaos.
Hellhörig gemacht hat Renger eine geplante Vorgabe zur Berichtigung von Steuerbescheinigungen, die Banken ihren Kunden ausgestellt haben. Ab 2023 sollen die Institute nach einer eventuellen Korrektur die in der Bescheinigung enthaltenen Angaben elektronisch an die Finanzbehörden übermitteln. Bisher haben Banken nach einer Änderung lediglich die ursprüngliche Steuerbescheinigung vom Kunden zurückzufordern. Sie teilen der Finanzverwaltung jedoch nicht mit, für welchen Anleger sie Steuer in welcher Höhe abgeführt haben, weil die Abgeltungsteuer anonym erhoben wird.
Erster Schritt in Richtung Abschaffung
Das allein hat mit der Abschaffung der Kapitalertragsteuer noch gar nichts tun. Renger sieht die geplante Vorschrift aber als ersten Schritt in diese Richtung. "Sind die technischen Voraussetzungen erst einmal geschaffen, ist es ein Leichtes, die Banken von heute auf morgen sämtliche Kapitalerträge ihrer Kunden elektronisch an die Finanzämter übermitteln zu lassen", erklärt der Experte gegenüber FONDS professionell. Und die nach den einzelnen Anlegern aufgeschlüsselten Kapitalerträge benötigen die Finanzbehörden, um individuell die Veranlagung nach Einkommensteuer errechnen zu können, wenn die pauschale Abgeltungsteuer nicht mehr in Kraft ist.
Die Voraussetzungen, welche die Koalitionspartner für die Abschaffung der 25-Prozent-Pauschale festgelegt haben, sind ohnehin bereits erfüllt. Bedingung war, dass der automatische Informationsaustausch zwischen ausländischen Banken und deutschen Finanzbehörden sichergestellt ist. Dieser funktioniert zumindest mit den relevanten Ländern schon seit geraumer Zeit. Die Frage ist vielmehr, wie sinnvoll es wäre, die Abgeltungsteuer zu kippen – auch angesichts des bürokratischen Mehraufwands.
Minuszinsen steuerlich abzugsfähig machen
Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, die Kapitalertragsteuer auf Zinseinkünfte abzuschaffen. Daraus ergäben sich Komplikationen. "Zum einen müsste man die Minuszinsen, die Bankkunden für Einlagen auf Girokonten zahlen, als Werbungskosten steuerlich abzugsfähig machen", sagt Renger. Damit könne es leicht geschehen, dass der Staat eher draufzahlt, als höhere Einnahmen zu kassieren. Zum anderen würde ein Steuer-Wirrwarr entstehen, weil die Besteuerung von Zinserträgen aus Direktanlagen in Anleihen nicht mehr mit der von Erträgen aus Rentenfonds zusammenpassen würde.
Der Grund: Seit der Investmentsteuerreform werden bei thesaurierenden und teilausschüttenden Fonds während der Haltedauer nicht mehr die tatsächlich erzielten laufenden Erträge besteuert. Stattdessen wird nach einer gesetzlich vorgeschriebenen Formel eine Vorabpauschale errechnet, auf die dann Abgeltungsteuer abgeführt wird. "Wenn Zinserträge aus Direktinvestments und Fonds künftig nicht unterschiedlich besteuert werden sollen, müsste man Rentenfonds von der Vorabpauschale ausnehmen", erklärt Renger.
Probleme bei Mischfonds
Das ginge eventuell noch. Bei Mischfonds würde die Besteuerung über die Vorabpauschale aber überhaupt nicht mehr funktionieren, wenn Dividendenerträge mit Abgeltungsteuer belegt würden und Zinseinkünfte mit dem persönlichen Einkommensteuersatz zu versteuern wären. Eine Lösung zu finden, wäre dann wohl ein Projekt für die nächste Legislaturperiode. (am)
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