Freitag, 11. Februar 2022

Die USA schicken in der Ukraine-Krise 3000 weitere Soldaten nach Polen. Die derzeit auf dem Stützpunkt Fort Bragg im US-Bundesstaat North Carolina stationierten Soldaten sollten "in den kommenden Tagen" in das osteuropäische Land verlegt werden, kündigte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums an.

 Drohender Einmarsch in Ukraine

USA verlegen 3000 Soldaten nach Polen

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Ein Stryker Radpanzer der US-Army fährt auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr. Die US-Army verlegt rund 1000 Soldaten samt Panzern und Militärfahrzeugen von ihrem Standort Vilseck in der Oberpfalz nach Rumänien.

(Foto: picture alliance/dpa)



Die westlichen Länder rücken näher zusammen, um sich über "Koordinierung von Diplomatie und Abschreckung" auszutauschen. Denn die Invasion des Kremls in die Ukraine kann Washington zufolge "jederzeit beginnen". Die USA verstärken deshalb ihre Militärpräsenz in Polen.

Die USA schicken in der Ukraine-Krise 3000 weitere Soldaten nach Polen. Die derzeit auf dem Stützpunkt Fort Bragg im US-Bundesstaat North Carolina stationierten Soldaten sollten "in den kommenden Tagen" in das osteuropäische Land verlegt werden, kündigte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums an.

Sie dürften dann Anfang kommender Woche vor Ort sein. Pentagon-Chef Lloyd Austin hatte bereits Anfang Februar die Entsendung von 1700 Soldaten nach Polen angeordnet. Nun kommen also 3000 weitere Soldaten hinzu. Austin hatte Anfang Februar auch 300 Soldaten aus Fort Bragg nach Deutschland geschickt und die Verlegung von 1000 in Deutschland stationierten Soldaten nach Rumänien angeordnet.

Der US-Verteidigungsvertreter betonte am Freitag, die Truppenverlegungen seien nicht dauerhaft, sondern "vorübergehend". Es gehe darum, "unseren NATO-Verbündeten" ein Gefühl der Sicherheit zu geben und vor "jeder möglichen Aggression gegen die Ostflanke der NATO abzuschrecken". Russland hat nach westlichen Angaben in den vergangenen Monaten mehr als 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Dies schürt in der Ukraine wie im Westen die Furcht vor einem Großangriff Russlands auf das Nachbarland. Russland bestreitet jegliche Angriffspläne. Zugleich führt der Kreml an, sich von der NATO bedroht zu fühlen.

"Anzeichen für eine russische Eskalation"

Die US-Regierung hält einen russischen Einmarsch in die Ukraine noch vor dem Ende der Olympischen Winterspiele in China am Sonntag nächster Woche für möglich. "Wir befinden uns in einem Zeitfenster, in dem eine Invasion jederzeit beginnen könnte, sollte sich (der russische Präsident) Wladimir Putin dazu entschließen, sie anzuordnen", sagte der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan im Weißen Haus. "Ich werde mich nicht zu den Einzelheiten unserer Geheimdienstinformationen äußern. Aber ich möchte klarstellen, dass sie (die Invasion) während der Olympischen Spiele beginnen könnte, obwohl es viele Spekulationen gibt, dass sie erst nach den Olympischen Spielen stattfinden würde."

Vor dem Hintergrund der Spannungen mit den USA sind Russland und China enger zusammengerückt. Kurz vor der Eröffnung der Olympischen Winterspiele war Putin Ende vergangener Woche in Peking mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping zusammengekommen. Putin suchte dabei insbesondere Rückendeckung in der Ukraine-Krise. Spekuliert wurde, dass der Kremlchef die Olympischen Spiele in China auch aus Rücksicht auf Gastgeber Xi nicht durch einen Einmarsch in die Ukraine überschatten wolle. Sullivan betonte, der US-Regierung lägen keine Informationen vor, dass Putin bereits eine endgültige Entscheidung für eine Invasion getroffen habe.

Der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden sagte aber auch: "Wir sehen weiterhin Anzeichen für eine russische Eskalation, einschließlich neuer Truppen, die an der ukrainischen Grenze eintreffen." Ein möglicher Angriff könne verschiedene Formen annehmen, darunter auch ein Vormarsch auf die Hauptstadt Kiew. Nicht bestätigen wollte Sullivan Informationen eines Journalisten des US-Senders PBS. Dieser hatte unter Berufung auf westliche Regierungsvertreter auf Twitter geschrieben hatte, dass Putin einen entsprechenden Beschluss gefasst habe und dass die USA in der kommenden Woche mit einer Invasion rechneten.

US-Bürger sollen Ukraine verlassen

Sullivan forderte amerikanische Staatsbürger in der Ukraine dazu auf, das Land "so bald wie möglich" zu verlassen. "Wir wissen nicht genau, was passieren wird, aber das Risiko ist jetzt hoch genug", sagte er. "Alle Amerikaner in der Ukraine sollten das Land so bald wie möglich verlassen - und auf jeden Fall in den nächsten 24 bis 48 Stunden." Auch Großbritannien, Dänemark, Lettland und Estland forderten ihre jeweiligen Bürger auf, die Ukraine zu verlassen. Falls es zu einem russischen Einmarsch kommen sollte, dürfte es zunächst Luftangriffe und dann eine Bodenoffensive geben, weswegen es dann kaum mehr möglich sein dürfte, das Land zu verlassen, sagte Sullivan. "Niemand könnte sich auf Luft-, Eisenbahn- oder Landverbindungen verlassen, nachdem ein Militäreinsatz beginnt", sagte er. Es werde in einem solchen Fall keinen Evakuierungseinsatz des US-Militärs für Amerikaner in der Ukraine geben, fügte Sullivan hinzu.

Biden hatte amerikanische Staatsbürger bereits am Donnerstag dazu aufgefordert, die Ukraine umgehend zu verlassen. Sullivan drohte Russland im Falle einer Invasion der Ukraine mit einer "Welle der Verurteilung aus aller Welt". Russlands Macht und Einfluss würden auf lange Sicht hin nicht gestärkt, sondern geschwächt, sagte Sullivan. Moskau werde dann mit einer "entschlossenen transatlantischen Gemeinschaft" konfrontiert sein. Es werde "massiven Druck" auf die russische Wirtschaft gebe. US-Präsident Biden hatte sich vor Sullivans Auftritt mit westlichen Verbündeten ausgetauscht, darunter mit Bundeskanzler Olaf Scholz.

Das Weiße Haus teilte mit, die Beratungen per Videokonferenz hätten fast 80 Minuten lang gedauert. Das Weiße Haus hatte vorab erklärt, in dem Gespräch solle es um die "gemeinsame Besorgnis über Russlands fortgesetzte militärische Aufstockung" an der ukrainischen Grenze gehen. Ziel sei es, sich weiter über die "Koordinierung von Diplomatie und Abschreckung" auszutauschen. Nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen betonten die westlichen Verbündeten der Schalte noch einmal ihre Entschlossenheit, mit schnellen und tiefgreifenden Sanktionen auf eine mögliche russische Invasion in der Ukraine zu reagieren.

Scholz telefoniert mit Staatschefs

In Berlin hieß es anschließend, die Lage werde von den Teilnehmern aus Europäischer Union und NATO als "sehr, sehr ernst" eingeschätzt. "Alle diplomatischen Bemühungen zielen darauf ab, Moskau zur De-Eskalation zu bewegen", schrieb Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf Twitter. "Es gilt, einen Krieg in Europa zu verhindern." Neben Biden und Scholz waren EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratschef Charles Michel, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, der britische Premierminister Boris Johnson, Polens Präsident Andrzej Duda, der rumänische Staatspräsident Klaus Iohannis, Italiens Ministerpräsident Mario Draghi und Kanadas Premier Justin Trudeau zu der Schalte eingeladen.

Frankreich teilte nach dem Gespräch mit, Präsident Macron werde am Samstag erneut mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin sprechen. Die beiden hatten zuletzt mehrfach telefoniert. Am Montag war Macron zu Gesprächen nach Moskau gereist. Am Freitag telefonierte der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow mit seinem US-Kollegen Mark Milley. Es seien "aktuelle Fragen der internationalen Sicherheit" diskutiert worden, hieß es am Abend aus dem Verteidigungsministerium in Moskau.

Quelle: ntv.de, lve/dpa

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